Sehr geehrte Damen und Herrn, dragi prijatelji, dragi dečki

Meine Laudatio beschäftigt sich mit Musik und handelt von:

Altem und Neuem bei den Basbaritenori

Old wine in new bottles?

Obwohl ich sie schon sehr lange kenne, einzelne Mitglieder wie Filip schon von klein auf, musste ich bei der Vorbereitung zu dieser Laudatio feststellen, dass ich eigentlich viel zu wenig weiß, nämlich wissenschaftlich belegbar weiß. Ich habe viel mit ihnen erlebt, sie haben mich von Anfang an fasziniert, sie haben mir und vielen anderen sehr schöne Momente beschert, aufregende Momente, glückliche Momente, erkenntnisreiche Momente, aber: ich habe nie eine Feldforschung zu den Basbaritenori gemacht, was ein großes Versäumnis ist.

 

Gott sei Dank gibt es seit kurzem die erste CD von ihnen, also ein akustisches Dokument, eine musikalische Visitenkarte. Und es gibt einen Aufsatz von Gerda Lechleitner aus dem Jahr 2012 mit dem Titel “Old wine in new bottles” – maintaining tradition through modern interpretation. Der Gegenstand dieses Aufsatzes ist nun mein Ausgangspunkt. Gerda Lechleitner arbeitet am Wiener Phonogrammarchiv und anlässlich der Herausgabe der ältesten Tonaufnahmen der Burgenländischen KroatInnen, bat sie die Basbaritenori um eine Neuinterpretation des „alten“ Materials, der Aufnahmen von 1936. Bei der Präsentation der CD im Dezember 2009 erklangen sie zum ersten Mal. Es war einer der vielen legendären Auftritte des Ensembles aber von diesem gibt es eine Aufnahme, eine wissenschaftliche Dokumentation, die wir nun ethnomusikologisch befragen können. Gerda kommt in ihrem Aufsatz zu dem Schluss, dass die Basbaritenori Altes in neuem Gewand präsentieren, deshalb old wine und damit zur Erhaltung der Tradition beitragen. Sie betonen das auch selbst immer wieder.

 

Nun, bei einer Flasche Wein ist das Wesentliche der Inhalt, nämlich der Wein, würde ich sagen und die Flasche ist eher Nebensache. Dann wäre bei der Musik der Basbaritenori also die Vorlage (old wine) die Essenz und nicht das, was sie daraus machen (new bottles). Ich finde so Manches bei den Basbaritenori ziemlich neu und außergewöhnlich und ich möchte argumentieren, warum.

Als ich sie zum ersten Mal gehört habe – es muss ungefähr 2006 gewesen sein – war ich völlig fasziniert. Ein solcher Umgang mit burgenlandkroatischer traditioneller Musik war mir noch nie begegnet und ich hatte damals schon viel gehört, denn meine Beschäftigung mit der Materie reicht bis in die 1970er Jahre zurück.

Warum war ich so fasziniert? Was macht dieses Ensemble aus?

Das möchte ich anhand von 5 Parametern argumentieren.

 

Individuelle Kreativität

Natürlich liegt in jeder neuen Interpretation eines traditionellen Liedes eine gewisse Innovation. Sie kann deutlich von der individuellen Kreativität geprägt sein und dadurch zu einer Neuschöpfung werden. Es gäbe viele Beispiele, ich nenne nur eines: Willi hat einmal bei Aca in Stinatz dem nujno jačit nachgespürt- ich habe die Aufnahme gehört-, einer ganz bestimmten Art des Singens, das Trauer ausdrückt. Willi macht das nicht nach, er integriert diese Art des Singens in seine musikalische Ausdrucksform und das Arrangement der Basbaritenori gibt ein klangliches Fundament, das stilistisch von ganz woanders herkommt.

 

Die Performance

Bei der Neuinterpretation der Aufnahme von 1936 Mili jaše kroz selo wird weder Text noch Melodie verändert. Aber: das Arrangement ist völlig neu – ein sehr typisches Stilmerkmal der Basbaritenori;  und – und das ist nun für mich völlig neu - die Interpretation ist einfach umwerfend komisch. Die singen nicht nur, die verkörpern und spielen, was sie singen, und das ist nur aufgrund ihrer musikalischen Virtuosität möglich und deshalb, weil sie aufeinander „eingespielt“ sind. Ihre Auftritte haben durchaus Kabarett-Charakter. Die Komik funktioniert bei manchen Liedern nur für ein informiertes Publikum, das mit der Tradition vertraut ist, bei anderen Liedern aber auch für Outsider. Und sie funktioniert auch deshalb, weil die Bühnenpräsenz des Ensembles so stark ist.

 

Das Medium: die Stimme

Es kommt nicht von ungefähr, dass ein außergewöhnliches Ensemble der Burgenländischen KroatInnen sich vokal betätigt. Die Vokalkultur dieser Minderheit ist seit Jahrhunderten besonders ausgeprägt und viel älter und beständiger als die Tamburica, die ja erst viel später kam…..Außerdem kann man immer und überall singen - zumindest was das Werkzeug betrifft, denn dieses hat jeder Mensch immer dabei. Diese Verfügbarkeit dürfte zur Formation dieses Ensembles beigetragen haben, wie wir verschiedenen Texten entnehmen- ich zitiere: „Es war bereits im Sommer 2006, als die vier jungen Musiker Pavel Maly, Tome Janković, Ruben Gludovacz und Filip Tyran auf Willi Rešetarić trafen, und – wie sie selbst gerne erzählen – sie zwar keine Instrumente dabeihatten, aber ihre Stimmen und eine Flasche Wein. Mehr brauchten sie nicht, sie sagen die ganze Nacht“. Ich bezweifle übrigens, dass es bei einer Flasche geblieben ist…..Ob mit solchen Anekdoten bereits die Legendenbildung beginnt, lassen wir dahingestellt. Aber dass alle hervorragend singen können, ist eine Tatsache und dass sie es so einfühlsam miteinander können, macht das Ensemble aus.

 

Die Repertoireauswahl und die Arrangements

Die Basbaritenori bewegen sich in der Auswahl ihres Repertoires in sehr verschiedenen musikalischen Genres, genauso wie die Arrangements sehr vielfältig sind. Man könnte sagen, sie haben keine Berührungsängste mit irgendwas. Natürlich ist es eine Tatsache, dass viele Vorlagen aus der kroatischen, vielmehr burgenlandkroatischen Tradition stammen. Aber wenn ich da an den Hit Ursula denke, ist das ganz anders, da ist nur die Sprache der kroatische Bezugspunkt; und es findet ein Gedicht von HC Artmann seinen Weg auf die erste CD des Ensembles: vertont unverkennbar im Stil des Ensembles, aber weder alt noch kroatisch. Ich würde sagen, sie haben einen unverkennbaren Sound entwickelt, einzigartig in der burgenlandkroatischen Szene, der sich von der kroatischen Klapa inspirieren lässt, aber geprägt von einer großen stilistischen Breite was die Vorlagen betrifft.

 

Das alles hat natürlich, wie immer bei musikalischen Aufführungen, wesentlich mit jenen zu tun, die diese Musik machen, nämlich mit den

 

Protagonisten und deren Wurzeln

Sie sind, in alphabetischer Reihenfolge:

Ruben Dimitri Gludovacz, geb. in Oberpullendorf

Pavel Maly geboren in Bratislava

Tome Jankovic, geboren in Bratislava

Willi Rešetarić, geboren in Stinatz

und Filip Tyran, geboren in Wien.

 

Alle sind musikalisch ausgebildet und auch tätig, nicht alle hauptberuflich. Die Beziehungen zu den verschiedenen musikalischen Formationen der burgenländischen KroatInnen sind eng und vielfältig, sei es in den Rockformationen oder den Folkloreensembles. Es besteht also eine intensive Beziehung zu den musikalischen Netzwerken der Minderheit. Filip z.B. ist mit und sozusagen bei Kolo Slavuj aufgewachsen, als Sohn eines Elternpaares, das zu den eifrigsten AktivistInnen der Burgenlandkroatischen Szene in Wien gehört und leitet jetzt dieses Ensemble. Ich denke, dass diese musikalische Sozialisation doch eine gewisse Rolle spielt, den Grundstein legt für etwas, das sich später daraus entwickeln kann. Wenn man schon als Kind erlebt hat, dass Singen eine natürliche, selbstverständliche Art der Unterhaltung und der Kommunikation ist, was hier im Centar in langen Nächten immer wieder bewiesen wird, dann werden ganz bestimmte Fähigkeiten erworben und gefördert. Dann kann man in der persönlichen Entwicklung darauf aufbauen und es kann etwas ganz Besonders daraus werden. Und besonders seid ihr ganz bestimmt, jeder auf seine Art, und gemeinsam noch viel besonderer. Ich schätze mich glücklich, solch kreative Minderheitenmusiker erleben zu dürfen, 4 davon einer Generation angehörend, die meine Kinder sein könnten, im wunderbaren Zusammenspiel mit einem schillernden Meister aus meiner Generation. Ihr habt das, was Euch in der Tradition mitgegeben wurde genützt. um Neues zu schaffen ohne die Tradition auszublenden.  Ihr seid Hoffnungsträger einer musikalischen Minderheitenkultur und deshalb ist es wunderbar, dass ihr heute ausgezeichnet werdet.

 

Dragi dečki Vilček, Palček, Rupček, Tomček i Filček, čestitam! Sa tumare paćivake, wie die Romasängern Ruža Nikolić- Lakatos sagen würde, Euch zu Ehren!

 

Ursula Hemetek

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